Wochenandacht

für die Woche vom 3. bis zum 9. August


Predigt am Sonntag, 3. August, über Johannes 6, 30-35,
von Pfarrer Hans-Helmuth Schneider
 

Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, auf dass wir sehen und dir glauben? Was wirkst du? Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht: »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.« Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn dies ist das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot.
Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Liebe Gemeinde,

Brot ist ein Lebensmittel, das ich wirklich jeden Tag esse. Als ich anfing, diese Predigt vorzubereiten, fiel mir als erstes ein, dass ich mir noch ein Brot kaufen muss, denn sonst hätte ich am Abend keines. So wichtig ist Brot, dass man es nicht vermissen möchte, und das gilt wahrscheinlich nicht nur für mich.

Brot steht deshalb auch immer schon symbolisch für alles, was wir zum Leben brauchen. Es ist das Mittel zum Leben schlechthin. Und in diesem Predigttext, in dem Jesus von dem Brot redet, das uns Leben bringt, hat Brot noch eine viel weiter gehende symbolische Bedeutung.

Das Brot, das vom Himmel kommt, bringt der Welt das Leben. Das ist das wahre, das richtige, das wichtigste Brot, auf das es ankommt. Damit meint Jesus sich selbst und das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens, sagt er am Schluss, und er meint: Ich bringe euch das ewige Leben vom Himmel, von Gott selber. Das stillt, und wieder im übertragenen Sinn, das stillt allen euren Hunger. Das gibt euch alles, was euch fehlt. Das ist es, worauf es für einen Menschen wirklich ankommt.

So weit, so gut. Interessant ist das natürlich, aber interessant ist auch, dass das im Grunde eine Antwort ist, eine Antwort auf eine Frage oder eine Aufforderung, die die Leute an Jesus gerichtet haben: Was tust du für ein Zeichen, damit wir dir glauben? Denn Moses zum Beispiel, bei dem gab es ein Zeichen. Der hat Manna in der Wüste hergebracht. Naja, nicht ganz, sagt Jesus. Nicht Mose hat das gemacht, sondern Gott. Und das Zeichen, das Gott euch heute gibt – das bin ich selber. Denn ich bin das wahre Brot vom Himmel.

Interessant hier sind zumindest die folgenden zwei Dinge: Erstens wollen die Leute ein Zeichen: Jetzt rede doch nicht immer nur von Gott, sondern beweise es mal so richtig, dass du von ihm kommst. Tu ein Wunder, dann glauben wir auch. So läuft das meistens nicht. Manchmal aber tatsächlich doch. Als der Missionar Bonifatius zu den Germanen kam, hat man ihm gesagt: Da steht ein Baum; es war eine Eiche. Dies ist die persönliche Eiche unseres Gottes Donar. Du sagst, den gibt es gar nicht. Aber wenn du der Eiche zu nahe trittst, wird er dich strafen. Darauf hat Bonifatius die Eiche umgehauen. Nichts ist passiert. Da haben die Germanen gestaunt. Und sie wurden Christen, weil Bonifatius ihnen mit einem Zeichen gezeigt hatte, dass Donar nicht viel taugt, dass der Gott des Christentums stärker ist oder wie immer man es sonst formulieren mag.

Aber so läuft es nicht immer. Ja, in manchen Situationen wäre es schön, wenn wir ein Zeichen hätte, wenn ein Wunder geschehen würde. Aber es kommt keines, oder zumindest nicht so, wie wir es uns vorgestellt hätten. Auch in unserem Predigttext nicht. Jesus sagt im Grunde: Ich bin das Zeichen. Ich bin das Wunder. Ich bin nämlich das ewige Leben. Und das bedeutet für uns: Ihr wünscht euch alles Mögliche, das ist ja gut und schön, aber seht ihr denn die Wunder vor euren Augen nicht? Seht ihr denn nicht, was schon alles da ist? Was ich schon alles für euch bin? Was ich schon alles tue? Und in der Tat: Was haben wir nicht schon alles vergessen, was Gott uns Gutes getan hat? Was übersehen wir nicht alles, was er Tag für Tag für uns tut? Seine Gnade ist jeden Morgen neu. Seine Liebe ist immer für uns da. Diese Welt ist nicht einfach schon alles. Die Hoffnung auf die Ewigkeit, die kann uns niemand mehr nehmen. All das und noch viel mehr ist Gott für uns. All das und noch viel mehr hat Jesus uns gebracht. Wir hätten Grund, dankbar zu sein. Wir hätten Grund, viel mehr als nur zufrieden zu sein. Wir hätten Grund zu glauben, zu hoffen, zu lieben – und merken es oft gar nicht.

 

Denn, und das ist das Zweite, was an diesem Gespräch in unserem Predigttext interessant ist: Wir wollen doch eigentlich immer noch mehr. Die Leute in dem Text fragen: Was tust du für ein Zeichen? Und fügen gleich hinzu: Also Moses, der hat ja Manna gebracht, ein Essen in der Wüste. Da fragen sie nicht nur nach einem Zeichen, neutral und allgemein. Sondern da fragen die Leute in Wirklichkeit: Und was kommt für mich dabei heraus, wenn ich an dich glaube? Was habe ich für einen Vorteil davon, was ist der Gewinn? Wenn ich glaube, geht es mir dann immer gut? Du bist doch Gott, du kannst das doch machen?

Und Jesus antwortet: Wenn ihr so fragt, dann habt ihr etwas Bestimmtes noch nicht verstanden. Es geht nicht einfach nur um diese Welt. Es geht nicht darum, dass ihr hier reich werdet, berühmt werdet, mächtig werdet, alles gewinnt. Wie sollte das auch gehen? Von Milliarden von Christen kann nicht jeder der beste, der reichste, der schönste sein. An mich zu glauben, sagt Jesus, das hat einen anderen Effekt. Und der ist, so weit ist das richtig, auch etwas für euch. Für euch nämlich bin ich gestorben und auferstanden. Aus Liebe zu euch habe ich das auf mich genommen. Es ist, im Großen betrachtet, Gottes Liebe zu euch, warum ich das getan habe, warum ich gekommen bin, warum das alles geschehen ist. Und für euch habe ich damit das Leben erworben, das wahre und richtige und wichtige, nämlich das Leben in Ewigkeit. Wer hier auf der Welt nicht zufrieden ist, wer hier mit der Welt nicht zufrieden ist, der hat schon oft recht damit. Aber dafür gibt es das ewige Leben ja gerade: Damit man später etwas hat, wo man wirklich nicht mehr hungern oder dürsten muss. Damit man weiß: Die Mühseligkeit des Lebens in dieser Welt war nicht einfach nur umsonst. Es gibt für alles Leiden einen Ausgleich, es endet alles in einer Art großem Fest, auch und gerade für die, bei denen es am wenigsten danach aussieht; zum Beispiel weil sie arm sind, weil sie krank sind, weil sie ihr Leben sinnlos  verschwendet haben, verschwenden mussten. Für sie alle, für euch alle bin ich gekommen als das wahre Brot vom Himmel.

Es ist nicht falsch, sich von Jesus etwas für uns zu erwarten. Auch Paulus in seinen Briefen spricht immer wieder so: Für euch ist das alles geschehen. Aber dennoch geht es hier nicht darum, dass Gott in erster Linie unseren Egoismus befriedigen will. Ginge es bei ihm um Macht, Reichtum, Erfolg in dieser Welt, dann wäre das so. Und so ist es gerade nicht. Wenn Gott, wenn Jesus uns sagt: Für euch habe ich das getan, dann geht es in der Hauptsache darum, uns mit seiner Liebe anzurühren. Seine Liebe ist so groß, dass er das alles für uns getan hat. Dass er sich selbst nicht verschont hat bis hin zum Tod am Kreuz. Und das ist es, was wir letztlich verstehen sollen. Das ist es, was Jesus den Leuten sagen will, die ihn fragen: Und wo ist der Gewinn für mich? Die Liebe Gottes, sie ist sozusagen der Hauptgewinn. Die Liebe Gottes, die uns das ewige Leben bringt. Diese Liebe Gottes, sie verändert alles. Und manche Fragen sehen im Licht dieser Liebe dann in der Tat etwas schräg oder vielleicht falsch aus. Die Frage: und was nutzt es mir? ist so eine. Aber auch wer so fragt, wird von Gottes Liebe umfasst, denn sie umfasst einfach alles, was wir sind und was wir tun. Diese Liebe Gottes hat dann auch irgendwie mit Egoismus nichts mehr zu tun.

Amen